Bei der Beratung oder Therapie wird doch nur geredet. Wie soll dies mein Problem lösen?
Wie kann bloßes Reden bei Problemen helfen? Das kann doch nicht funktionieren.
Doch, es funktioniert! Und zwar auf sehr unterschiedliche Art und Weise.
Es gibt da verschiedene Methoden:
Indem ich meine Gedanken, Gefühle und meinen Zustand beschreibe und darüber mit jemanden spreche, dann sortiere und strukturiere ich automatisch und bekomme einen besseren Überblick über das, was mich quält. Ich habe Distanz zu meinem Problem und kann es nun besser erkennen. Dadurch ist es zwar noch nicht gelöst, aber es wird greifbarer. Ich habe die Möglichkeit, mit dem Problem umzugehen. Ich bin nicht mehr nur hilflos.
Wenn man über schwierige und schmerzhafte Sachverhalt sprechen kann, ist der erste Schritt gemacht.
Dann gibt es in der Beratung oder Therapie die Dissoziationstechniken. Diese helfen, den Blick in eine andere Richtung zu lenken. So sieht man vielleicht neue, andere Möglichkeiten und Perspektiven und kann dann eventuell anders handeln, etwas anderes ausprobieren.
Wenn man zum Beispiel sagt: „Eine Seite von mir leidet.“ Und nicht: „Ich leide“. Bedeutet das, dass ein wahrscheinlich sehr großer Teil von mir leidet und nichts zustande bringt, eben weil er leidet; aber da sind noch andere Teile, die leiden nicht und diese helfen mir zu handeln und Lösungen zu finden.
Oder aber man spricht in der 3. Person über sich, und zwar liebevoll und anteilnehmend, nicht anklagend – auch sich selbst nicht. Man sieht diese „3. Person“ und überlegt, was man tun könnte, um das Problem dieser Person zu lösen.
Aber die Sprache, das Sprechen kann noch mehr, nämlich mit der Technik des Umdeutens.
Wenn wir etwas erleben, irgendein Ereignis, dann nehmen wir es erst wahr, dann benennen wir es, interpretieren es und schließlich bewerten wir es. Dann erst, nach der Bewertung, stellt sich heraus, ob aus dem Ereignis eventuell ein Problem für uns wird oder nicht. Wir entscheiden – meistens nicht willentlich, sondern unwillkürlich, reflexartig – dass das Ereignis z.B. das Etikett „Katastrophe“ bekommt.
Die Schwierigkeit ist, dass diese unwillkürliche Reaktion sehr schnell kommt, erstmal ohne dass der Verstand, unser Bewusstsein willentlich reagieren kann. Dann aber, vielleicht mit der Hilfe der Beraterin/des Beraters, wird das Ereignis genau analysiert, beschrieben, benannt, interpretiert und vielleicht auch etwas anders bewertet; zum Beispiel: statt „Problem“ oder „Schwierigkeit“ eher „Herausforderung“ oder „Abwechslung“.
Diese Möglichkeit des Umdeutens spielt immer wieder eine große Rolle in der Beratung.
Bilden Sie in Gedanken (oder auch laut) den Satz: „Das einzige Schöne in meinem Leben ist das Sporttreiben (oder Essen, Fernsehen, Kino, Lesen usw.)“ Und dann sagen Sie: „Das Schöne in meinem Leben ist das Sporttreiben.“
Merken Sie den Unterschied? Es ist ein Unterschied, ob wir unsere Konzentration darauf richten, dass wir nur eine schöne Sache haben, oder darauf richten, dass wir etwas Schönes im Leben haben.
Außerdem haben wir die Möglichkeit mit unserer Sprache Bilder zu erzeugen („Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten“. Woran denken Sie? Natürlich an einen rosa Elefanten.) Es gibt Bilder (vielleicht nicht der rosa Elefant), die Gefühle wecken und so in einem verzweifelten Moment ein bisschen Halt geben können.
Einer Klientin, die in ihrer Trauer auch tiefe Hilflosigkeit fühlte, bot ich das Bild an, dass die ganze tiefe, schmerzhafte Trauer in einem Rucksack steckt, den sie auf dem Rücken trägt. In diesem Bild hatte sie die Hände frei und sie verlor damit nicht ihre Trauer, aber ihre Hilflosigkeit.
Dies sind nur einige Beispiele, wie bloßes Reden hilft und Veränderungen bringt.
Denn Reden erschafft Gedanken, die zu anderen Gefühlen und Verhaltensweisen führen.